Rentenpfennig- Dienstmarken
Herstellung:
Während bei den normalen Freimarken nur die 100 Pf einzig
im Plattendruck erschien und es alle anderen von 3 bis 50 Pf sowohl im Platten-
als auch Walzendruck gibt, ist es bei den Dienstmarken anders, nur eine Teilauflage
der 5 Pf gibt es hier im Walzendruck.
Also sind diese Dienstmarken fast ausschließlich im Plattendruck erstellt worden.
Das Druckverfahren war Buchdruck, drei Drucke waren nötig, um diese Dienstmarken zu
produzieren:
1. Rosettenzeichnung
2. Werteindruck
3. Schlangenförmiger Aufdruck
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Wobei sicherlich für diese Dienstmarken wie bei den Aufdrucken im Weltkrieg keine komplett
eigenständige Produktion lief, die Grundmarken wurden vom Freimarkendruck genommen, es kam
dann nur noch der "Dienstmarke"- Aufdruck hinzu, der einheitlich für alle Werte
schwarz war (somit fielen hier keine Rüstzeiten an für Klischee- oder
Farbwechsel).
Womit wurde denn da gedruckt, es waren sogenannte Schnellpressen:
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Die Druckplatte ist dabei auf einem "Karren" montiert
(auch als Fundament bezeichnet), der auf Schienen hin- und hergefahren wird. Im
linken Teil wird dabei die Platte eingefärbt. Dem Druckzylinder wird durch
automatische Anlage mittels Saugern der oberste Papierbogen zugeführt. Greifer
halten den Bogen dort fest und das Papier wird um den Druckzylinder
herumgeführt. Inzwischen ist die Druckplatte unter dem Druckzylinder
angekommen, das Papier wird darauf abgewalzt und somit bedruckt. Über die
Bogenausführung wird der fertige Druckbogen dann abgelegt.
Es wurden auf diese Weise nicht etwa einzelne Schalterbögen (a’ 100 Marken)
gedruckt, ein Druckbogen hatte die Größe von 8 Schalterbögen (angeordnet 2x4
Stück), die Druckplatten mußten auch nicht alle neu angefertigt werden,
Rosettenzeichnung und Dienstmarke- Aufdruck waren identisch zur Inflationszeit
und konnten übernommen werden. Allein die Wertziffern- Platten waren neu,
fanden aber Verwendung sowohl bei den normalen wie bei den Dienstmarken.
Wie viel konnte denn auf einer damaligen Schnellpresse produziert werden, deren
Leistung lag bei 2000 Drucken pro Stunde, da auf einem Druckbogen 8
Schalterbögen waren, sind das 16000 Schalterbögen pro Stunde. In einer einzigen
Tagesschicht (8 Stunden angenommen) summiert sich das zu 128000 Schalterbögen,
das sind 12,8 Millionen Marken!
Verfügbarkeit:
Schon die Belieferung der normalen Freimarken zum 1.12.23
(unter erschwerten Bedingungen) hat geklappt, siehe Mitteilung des RPM vom
30.11.23:
"Die Reichsdruckerei hat mit der Versendung der wertbeständigen Freimarken an die
OPK begonnen. Nach dem Stande der Arbeiten in der Reichsdruckerei ist
anzunehmen, daß bis Ende November der erste Bedarf überall gedeckt ist. Die
Lieferung weiterer Mengen schließt sich sogleich an die erste Lieferung an."
(Nachrichtenblatt Seite 1066)
Daß wieder normale Zeiten waren, geht auch aus der Mitteilung des RPM vom 7.12.23
hervor:
"Bestellungen auf Freimarken und Dienstmarken in Bogen können vom 10. Dezember an wieder wie
gewöhnlich nach den Vorschriften der ADA VI/I,1 §17 an die Reichsdruckerei
gerichtet werden. Den Bestellungen ist der Bedarf für einen Monat zugrunde zu
legen".
(Nachrichtenblatt Seite 1078)
Wie gut die Lieferung im Dezember funktioniert hat, geht aus einem Detail hervor,
eine Mitteilung des RPM lautete:
"Außer den in der ...Vf Nr.974 ... bezeichneten wertbeständigen Dienstmarken werden
jetzt auch die Werte zu 50 und 100 Pf von der Reichsdruckerei ausgegeben".
Das Datum dieser Mitteilung aus dem Nachrichtenblatt ist der 18.12.23 und auf einer
Paketkarte erscheinen diese 50 Pf- Dienstmarken schon mit dem Datum vom
22.12.23!
Spätestens zum 1.1.1924 mußten die Rentenpfennig- Dienstmarken allgemein zur
Verfügung stehen, es ist kein Grund ersichtlich, warum das nicht geklappt haben sollte.
Infla- Aufbrauch:
Der Verfügung Nr.974 vom 30.11.23 ist zu entnehmen:
"Am 1. Dezember werden wertbeständige, auf Goldrechnungspfennig lautende Freimarken
herausgegeben. Die Freimarken im Einzelwert von 1 Million M bis einschl. 50
Milliarden M werden alsdann von der Post nicht mehr verkauft; sie verlieren
ihre Gültigkeit mit Ablauf des Monats Dezember 1923. Bis dahin dürfen sie noch
im Wertbetrag des Nennwerts neben den neuen Marken zum Freimachen benutzt
werden."
(Nachrichtenblatt Seite 1057)
"Die bisherigen Dienstmarken verlieren ebenfalls Ende Dezember ihre Gültigkeit und
sind . . . an die Versandstelle für Sammlermarken einzusenden".
(Nachrichtenblatt Seite 1058)
Es hat hierzu keine Änderung mehr gegeben, die Post hat also den 31.12.23 als
letzten Gültigkeitstermin für alle Infla- Briefmarken bestimmt.
Das zeigt auch die Mitteilung vom 5.2.24:
"Es ist festgestellt worden, daß die aus dem Verkehr zurückgezogenen Freimarken in
Papiermarkwährung, besonders die Freimarke zu 10 Millionen M, noch häufig zum
Freimachen von Briefsendungen benutzt werden und daß solche Sendungen
wiederholt ohne Belastung mit Nachgebühren bei den Bestimmungs-PAnst
eingegangen sind. Alle Freimarken der Papiermarkwährung sind seit 1. Januar
ungültig. Die richtige Freimachung der Sendungen ist aufmerksam zu prüfen".
(Amtsblatt Seite 31)
Im Postbetriebsdienst nach ADA V2 §4 aI wurden die Briefmarken nachweislich gleich
behandelt:
"Wo im folgenden von Freimarken und Postwertzeichen die Rede ist, sind darunter
auch diese Dienstmarken zu verstehen".
Daß es der Post Ernst war, zeigt ein Brief, der erst 80 Jahre nach der
Inflationszeit aufgetaucht ist:
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Brief von Hörde nach Dortmund vom 4.1.24 mit noch 50
Milliarden- Dienstmarken frankiert und als ungültig beanstandet (blau
eingerahmt), denn lt. ADA V2 §10 I 5: "ob die Marken überhaupt gültig sind ...,
Sendungen mit solchen Marken sind als nicht freigemacht zu behandeln".
Eigentlich war Rückgabe vorgesehen (ADA V2 §10 b VI):
"Mit Dienstmarken ungenügend freigemachte Briefsendungen ... Wo es indes ohne erhebliche
Verzögerung möglich ist, sind die Sendungen zur Vervollständigung der
Freimachung zurückzugeben".
Die einzige Absenderangabe auf diesem Brief ist aber ein reichlich undeutlicher
Dienststempel, also hat man ihn weiterlaufen lassen.
Der Brief ist keine "Portopflichtige Dienstsache", wo nur der einfache Betrag als
Nachgebühr anfiel.
Er trägt zusätzlich zum Porto- Stempel (links) in blau die Gebührenangabe "20"
(Rentenpfennig).
Nach UPU- Kongreß 1906 betrug die Nachgebühr ab 1.10.07 bis 30.9.25 der doppelte
Tarif. Intern brauchten sich die Mitgliedsstaaten aber nicht an diese
Vereinbarung zu halten. Davon hat die Reichspost ab 1.3.23 Gebrauch gemacht und
das auf das Eineinhalbfache gesenkt. In Folge wurde am 1.7., 24.8., 1.9., und
1.11. das ganze angepaßt (Aufrundungen). Ab 1.12.23 war es der eineinhalbfache
Portofehlbetrag, der auf volle 10 Rentenpfennig aufzurunden war.
Die Nachgebühr von 20 Rentenpfennig ist hier also vollkommen korrekt, ebenso, daß
dies noch in Papiermark bezahlt wurde, s. hs. Vermerk:
"200 Milliarden M. heute an Briefträger bezahlt/ Katasteramt III Dortmund/ I.A.
Hufeland".
Und dann kommt etwas wichtiges, eine Behörde hat Geld bezahlt, das mußte verbucht
werden und mit dem Vermerk "Beleg 84" kam dieser Brief in die Akte. Und somit
gingen solche beanstandeten Briefe letztendlich den Weg der Vernichtung,
offensichtlich hat nur dieser Brief überlebt, weil er (siehe linker Rand) aus
der Akte ausgerissen wurde (geklaut), er ließ sich auch nicht großartig
verwerten, da die Marken nicht gestempelt waren. Offensichtlich war er aber
nicht der einzige Brief, der aus dieser Akte gerettet wurde, der andere Brief
(auch mit einem 50 Milliarden- Paar) trug den gleichen Stempel Hörde/b vom
3.1.24 (also 1 Tag vorher) noch auf den Marken, die dann fein säuberlich
ausgeschnitten wurden innerhalb von Beanstandungslinien . . . denn für so was
gab es ja ein Attest:
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Aus den obigen Ausführungen ergibt sich somit:
Ab 1.1.1924 waren alle Inflationsmarken ungültig, alle unbeanstandeten
Belege mit Infla- Marken aus 1924 sind nur Dokumente einer irrsinnigen Zeit,
sie sind keinesfalls "einwandfrei", denn sie entsprechen nicht den postalischen
Bestimmungen, wobei diesen Belegen eine Sammelwürdigkeit nicht abgesprochen
werden soll.